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AutorenbildAlicia Jording

Der Übergeber

Aktualisiert: 11. Dez. 2023

Die 3 Gefahren bei Unternehmensnachfolgen

Unternehmensnachfolgen sind etwas vollkommen Natürliches und innerhalb unserer Lebenszeit auch etwas Notwendiges. Die Gefahren, denen sich kaum einer bewusst ist, lauern an drei verschiedenen Ecken: dem Übergeber, dem Übernehmer und dem Unternehmen.



Zwei Hände, die Schutz bieten



Teil I: DER ÜBERGEBER

Die deutsche Wirtschaft und insbesondere die Region Ost-Westfalen ist stark geprägt von familien- & inhabergeführten Unternehmen.


Laut einer Studie der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) aus dem Jahr 2017 werden allein in Deutschland bis 2023 über 500.000 Familienunternehmer in den Ruhestand gehen.


Die Nachfolge in einem Unternehmen, so simpel sich dies im ersten Schritt anhören mag, ist ein hoch komplexer Prozess, da hier kein starres Objekt, sondern ein lebender Organismus übergeben wird. Ein Unternehmen lebt von seinen Mitarbeitern, Kunden, Geschäftspartnern, die durch verschiedene Beziehungsgeflechte miteinander verbunden sind, und von der Erstellung von Produkten oder Dienstleistungen. Wurde das Unternehmen an einen Nachfolger übergeben, kann nichts mehr nachgebessert werden. Es ist, wie es ist.


Der Übergeber selbst sieht sich in dieser Situation mit vielfältigen Herausforderungen konfrontiert. Allen voran die Durchführbarkeit einer Unternehmensübergabe, denn i.d.R. passiert dies nur einmal im Leben eines Unternehmers und somit liegen keinerlei Erfahrungswerte vor. Überdies spielen hier auch viele Emotionen – der wohl wichtigste und leider bisher am stärksten vernachlässigte Part einer Übergabe – mit hinein. Diese reichen von Angst („Wird mir die Übergabe gelingen?“), gepaart mit Scham („Was soll ich danach nur machen? Ich habe mich immer über meine Selbstständigkeit definiert.“), über Verachtung („Ich kann den Neuen / Übernehmer nicht leiden. Der kann das nicht so gut, wie ich.“), bis hin zur Wut („Ich fühle mich benachteiligt! Mir wurde nicht das gegeben, was ich verdient habe!“) und Schuld („Ich lasse mein „Baby“ und meine Mitarbeiter im Stich!“). Insbesondere letztere sind selten im Bewusstsein des Übergebers, finden also im Unterbewusstsein statt und können folglich einen Übergabeprozess sabotieren.


Gescheiterte Unternehmensübergaben, wobei das Scheitern vom Übergeber verursacht worden ist, kommen häufiger vor als man vermutet. Hier einige prominente Beispiele:


Fischer Dübel vermasselt die Firmenübergabe

Der Generationswechsel bei der Unternehmensgruppe Fischer hat nicht funktioniert. Im November 2011 sagte Klaus Fischer noch: „Ich habe kein Problem mit dem Loslassen“. Der 61-Jährige war zu dem Zeitpunkt Inhaber der Firma, die vor allem wegen ihrer Dübel bekannt ist. Die operative Führung hatte er im Frühjahr an seinen Sohn Jörg Klaus abgegeben. Doch damit ist es jetzt (2012) vorbei: Klaus Fischer hat mit sofortiger Wirkung den Vorsitz der Geschäftsführung im Unternehmen wieder übernommen.


Familienstreit bei Knorr-Bremse

1905 gründete Georg Knorr mit Knorr-Bremse den weltweit führenden Hersteller von Bremssystemen für Schienen- und Nutzfahrzeuge. 1989 wurde Heinz Hermann Thiele, der langjährige Vorstand, Alleineigentümer als die Firmenerben ihre Anteile verkauften. Obwohl der Patriarch bereits in den 90er Jahren seinen Kindern Hendrik und Julia mehr als die Hälfte der Anteile übertragen hatte, behielt er stets die Stimmenmehrheit. Kurz vor der Berufung in den Vorstand schied Sohn Hendrik wohl im Streit aus der Geschäftsführung und später auch als Gesellschafter aus. Damit platzen die ursprünglichen Nachfolgepläne. Nach dem Ableben von Heinz Hermann Thiele im Jahr 2021 blieb seine angestrebte Nachfolge unvollendet, was zu mehreren gerichtlichen Auseinandersetzungen unter den Erben führte. Das Resultat daraus steht in starkem Kontrast zu den ursprünglichen Vorstellungen von Heinz Hermann Thiele.


Darboven

Seit 1968 führt Albert Darboven die gleichnamige traditionsreiche Hamburger Kaffeefirma. Als er sich mit seinem Sohn Arthur, dem er schon eine Anteilsmehrheit geschenkt hatte, überwarf, verließ dieser 2009 im Streit das Unternehmen. Daraufhin widerrief der Vater die Schenkung und wurde damit wieder zum Mehrheitsgesellschafter. Der Konflikt flammte 2019 wieder auf, weil der inzwischen 82-jährige Albert Darboven seine Nachfolge regeln wollte, indem er Andreas Jacobs, einen Spross der ehemaligen Bremer Kaffeedynastie Jacobs, adoptieren möchte. Gegen diesen Schachzug läuft Arthur Darboven Sturm, der als leiblicher Sohn und gesetzlicher Allein-Erbe seine Felle wegschwimmen sieht. Der Fall bleibt spannend.


Dies sind nur einige prominente Beispiele von Unternehmern bzw. Unternehmen, die im Lichte der Öffentlichkeit stehen. Die Dunkelziffer von Unternehmern, die es nicht bis in die öffentlichen Medien geschafft haben, dürfte um ein Vielfaches Größer sein!


Fazit

Es ist ratsam, bei einer familiären Unternehmensnachfolge die Bedingungen transparent zu besprechen, da der Widerstand des patriarchalischen Familienoberhaupts gegen eine Machtübergabe den Willen der nachfolgenden Generation zur Übernahme beeinträchtigen kann. Dies hat nicht nur weitreichende Konsequenzen für das Unternehmen selbst (Ruf- / Imageschädigung, schlechtes Betriebsklima, erhöhte Fluktuationsquote, Vertrauensverlust der Kunden & Lieferanten, usw.), sondern führt unter Umständen auch zum (finalen) Bruch innerhalb der Familie.


Mein Rat

Wenn Sie Übergeber sind: Lassen Sie sich bei der konkreten Umsetzung (während des Übergabeprozesses) Ihrer Nachfolge professionell begleiten. Sie werden sich mit Situationen und Sachverhalten konfrontiert sehen, die Sie - bei allen gut gemeinten Vorüberlegungen anderer Berater - noch heute gar nicht abschätzen können. Die Diskrepanz zwischen Selbst- und Fremdwahrnehmung kann Sie dabei in eine kostspielige Falle locken, aus der Sie nur schwer wieder herauskommen werden.


Und letztlich sollten Sie sich die Frage stellen, ob Sie wirklich riskieren wollen, alle Ihre Errungenschaften und das Ansehen Ihres Unternehmens unglaubwürdig zu machen, weil Sie sich bei Ihrem Nachfolger in Misskredit gebracht haben.


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